CASTELLO DI LOCARNO (CASTELLO VISCONTEO)
 Weltweit | Europa | Schweiz | Kanton Tessin | Distretto di Locarno | Locarno

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Allgemeine Informationen
Die Burg von Locarno mit ihrer zinnenbewehrten Ringmauer und dem spätmittelalterlichen Palazzo wirkt auch heute noch eindrücklich, obwohl von der Gesamtanlage nur ein Bruchteil erhalten geblieben ist. Im späten 15. Jhdt. gehörte das Castello zu den grössten am südlichen Alpenrand. Vermutlich durch die Capitanei di Locarno gegründet, wurde es 1342 durch Mailand, 1499 durch Frankreich und 1503 durch die Eidgenossen erobert. Nach einem letzten Ausbau um 1507, wahrscheinlich nach Plänen von Leonardo da Vinci, wurden im 16. Jhdt. grosse Teile der Anlage abgebrochen. Heute beherbergt sie das «Museo civico e archeologico» und die «Pinacoteca comunale».
Informationen für Besucher
Geografische Lage (GPS)
WGS84: 46° 10' 05.11" N, 08° 47' 35.74" E
Höhe: 205 m ü. M
Topografische Karte/n
Schweizer Landeskarte: 704.620 / 113.860
Kontaktdaten
Museo civico archeologico Castello Visconteo | Via al Castello | CH-6600 Locarno
Tel: +41 (0)91 756 31 70 | E-Mail: servizi.culturali@locarno.ch
Warnhinweise / Besondere Hinweise zur Besichtigung
keine
Anfahrt mit dem PKW
Die Autobahn A2 bei der Ausfahrt Bellinzona Süd verlassen, dann auf der Kantonsstrasse 2 in westlicher Richtung bis Quartino und weiter über Tenero und Minusio nach Locarno. Kostenpflichtige Parkplätze in der Stadt. Die Burg liegt direkt am grossen Verkehrskreisel (Piazza Castello), am südlichen Rand des alten Ortskerns.
Anfahrt mit Bus oder Bahn
Häufige Bahnverbindungen via Bellinzona nach Locarno. Vom Bahnhof zur Burg ist es ca. 1 km Fussmarsch quer durch den schönen alten Ortskern und über die Piazza Grande. Ansonsten mit der Buslinie 1 oder 7 bis zur Haltestelle Piazza Castello.
Wanderung zur Burg
k.A.
Öffnungszeiten
April bis Oktober: täglich ausser montags, jeweils 10.00 - 12.00 Uhr und 14.00 - 17.00 Uhr
(Stand 2015)
Eintrittspreise
Archäologiemuseum in der Burg:
Erwachsene: 7 CHF
Studenten: 5 CHF
Kinder: kostenlos
(Stand 2015)
Einschränkungen beim Fotografieren und Filmen
für Aussenaufnahmen ohne Beschränkung
Gastronomie auf der Burg
keine
Öffentlicher Rastplatz
keiner
Übernachtungsmöglichkeit auf der Burg
keine
Zusatzinformation für Familien mit Kindern
keine
Zugänglichkeit für Rollstuhlfahrer
nur für Aussenbesichtigung teilweise möglich
Bilder
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Grundriss
Grundriss Locarno
Quelle: Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 2: Kantone Tessin und Graubünden (italienischsprachiger Teil) | Zürich, 1982 | S. 41 | bearbeitet von O. Steimann, 2011
Historie
Im Jahr 866 schenkte Kaiser Ludwig II. seiner Gemahlin Angilberga den Hof «Leocarni» in der Grafschaft Stazzona. Wo dieser karolingische Königshof genau lag, konnte bisher nicht festgestellt werden – möglicherweise war er der Vorläufer der späteren Burg von Locarno. An der Route nach Bellinzona und den wichtigen Alpenpässen gelegen, wurde der Ort verschiedentlich von Königen und Kaisern besucht. Als Lehen des Erzbischofs von Mailand kam im späten 10. Jhdt. die gesamte Gegend unter die Herrschaft der Herren von Besozzo, die sich fortan «Capitanei di Locarno» nannten. Aus ihnen gingen unter anderem die Adelsfamilien von Orelli, Muralto und Magoria hervor, die im Tessin zahlreiche Burgen gründeten. 1164 erhielten sie von Kaiser Friedrich I. Barbarossa das Marktrecht für Locarno, was die Bedeutung des Umschlagplatzes am Nordende des Lago Maggiore noch erhöhte. Ins 12. oder 13. Jhdt. sind wahrscheinlich auch die ältesten heute noch sichtbaren Teile der Burg zu datieren: Einzelne Partien der Ringmauer, des Wohntrakts und der Stumpf eines Turms.

Doch die Capitanei hielten den Staufern nicht immer die Treue. Um 1240 war Locarno zu einem wichtigen Stützpunkt der Guelfenpartei geworden. Die Ghibellinen, aus Mailand vertrieben, eroberten die Burg jedoch im Jahr 1260. Simon von Orello, damals der Mächtigste der Capitanei von Locarno, wechselte kurz darauf zu den Ghibellinen über und kämpfte lange Jahre erfolgreich gegen die Guelfen.

Im 14. Jhdt. weitete Mailand unter den Visconti seine Macht bis in die südlichen Alpentäler aus. 1342 griffen Lucchino und Giovanni Visconti die Burg von Locarno sowohl vom See als auch von der Landseite her an, eroberten die Festung und nahmen mehrere Vertreter der Capitanei gefangen. Zwar wurden diese bald wieder freigelassen und entschädigt, doch behielten die Visconti Locarno für sich. In der Burg residierte nun ein vom Mailänder Stadtherrn eingesetzter Podestà.
1439 übertrugen die Visconti Locarno als Lehen an Franchino Rusca. Nun begann die Blütezeit der Burg. Die Familie Rusca baute sie zu einer prachtvollen spätmittelalterlichen Residenz mit umfangreichen Wehranlagen aus. Etwas südlich der alten Kernburg wurde als neuer Wohntrakt der Palazzo errichtet, ausgestattet mit prächtigen Säälen, grossen Kaminen und einem auf den Burghof hin ausgericheteten Laubengang. Von den fortfikatorischen Anlagen jener Zeit ist ein längerer Abschnitt der Ringmauer mit rundem Eckturm erhalten geblieben, ausgestattet mit Maschikuli und Schwalbenschwanzzinnen.
Doch diese noch sichtbaren Teile sind nur ein kleiner Rest der einstigen Anlage. Dominiert wurde diese ab dem 15. Jhdt. von einem weitläufigen Bering mit vorgelagertem Graben und einem grossen Rundturm in der Nordwestecke. Auch der nahe Hafen wurde nun durch Mauern, Türme und Tore in die Burganlage eingebunden.

Im späten 15. Jhdt. verschlechterte sich das Verhältnis zwischen den Rusca und den Herzögen von Mailand. Weil die Eidgenossen nach den Siegen in den Burgunderkriegen erstarkt waren, befürchteten die Mailänder den Verlust von Locarno. Deshalb setzten sie Kastellane ein, die im alten Teil, der sogenannten Rocca, residierten. Sie beklagten sich schon bald über den schlechten Zustand der Wehranlagen und über die zu kleine Besatzung: 200 Mann seien für die Verteidigung der Burg nicht ausreichend.
1499 zog König Ludwig XII. von Frankreich in Norditalien ein und liess Locarno besetzen. Nun begannen politische Verhandlungen über die Zukunft der Region, in denen der König den Eidgenossen immer wieder falsche Hoffnungen machte. 1503 verloren sie die Geduld und besetzten Locarno. Noch im gleichen Jahr einigte man sich im Vertrag von Arona auf einen Vergleich: Frankreich erhielt Locarno zurück, trat den Eidgenossen dafür aber den Festungsriegel von Bellinzona ab. Die Burg von Locarno wurde nun ein letztes Mal ausgebaut: Um 1507 wurde der Rivellino errichtet - das grosse, gegen aussen hin dreieckige Bollwerk auf der Nordseite der Anlage. Der Mailänder Historiker Marino Viganò hat 2007 überzeugende Hinweise für die These vorgebracht, dass für Planung und Bau niemand geringeres als Leonardo da Vinci verantwortlich gewesen sei. Einen schriftlichen Beweis dafür gibt es allerdings nicht.

Bereits 1512 unternahmen die Eidgenossen einen erneuten Feldzug nach Süden, und 1513 verzichtete der französische König endgültig auf Locarno. Fortan war die Burg bis zum Zusammenbruch der alten Eidgenossenschaft 1798 Wohnsitz eines Landvogts. Die gewaltigen Kosten für den Unterhalt bewogen die Eidgenossen bereits 1531/32 dazu, einen grossen Teil der Festung abzubrechen. Auch der befestigte Hafen, mittlerweile verlandet, musste 1535 aufgegeben werden. Am Palazzo, nun die Residenz der Vögte, wurden immer wieder teure Reparaturarbeiten vorgenommen. In einem Bericht von 1762 beklagte sich der damalige Landvogt Anton Schuhmacher trotzdem, das Dach des Gebäudes sei überall undicht, es regne in alle Zimmer.

1803 übernahm der Kanton Tessin den Palazzo und nutzte ihn als Verwaltungsgebäude. 1921 wechselte der einst prunkvolle Bau in den Besitz der Stadt Locarno und wurde von 1924 bis 1929 gründlich saniert, wobei manche Teile rekonstruiert wurden. Die Anlage beherbergt heute das «Museo civico e archeologico» und die «Pinacoteca comunale». Die erhaltenen Teile der alten Bastionen, die Leonardo da Vinci zugeschrieben werden, befinden sich hingegen in privater Hand. Der Versuch der Stadt, die Rivellino-Bastion zu erwerben, scheiterte im September 2010 in einer Volksabstimmung.
Quellen: Zusammenfassung der unter Literatur angegebenen Dokumente, inkl. aktuelle Medienberichte
Literatur
  • Berger, Ric - Burgen und Schlösser in der Schweiz, Bd. 2 | Neuenburg, 1966 | S. 124-125
  • Bitterli, Thomas - Schweizer Burgenführer, mit Einschluss des Fürstentums Liechtenstein | Basel/Berlin, 1995 | Nr. 626
  • Fusco, Vincenzo - Guida ai castelli della Svizzera Italiana | Viganello, 1988 | S. 40-45
  • Fusco, Vincenzo - Guida illustrata ai castelli, torri e rovine della Svizzera Italiana | Lugano, 1981 | S. 78-83
  • Gilardoni, Virgilio - I monumenti d'arte e di storia del Canton Ticino, Bd. I: Locarno e il suo circolo | Basel, 1972 | S. 24-61
  • Hauswirth, Fritz - Burgen und Schlösser der Schweiz, Bd. 9: Graubünden 2 und Tessin | Kreuzlingen, 1973 | S. 114-119
  • Institut für Denkmalpflege der ETH Zürich (Hg.) - Stadt- und Landmauern, Bd. 2: Stadtmauern in der Schweiz | Kataloge, Darstellungen | Zürich, 1996 | S. 295-298
  • Lipski, Eli / Locher, André - Schlösser der Schweiz | Bern, 2013 | S. 294
  • Meyer, Werner (Red.) - Burgen der Schweiz, Bd. 2: Kantone Tessin und Graubünden (italienischsprachiger Teil) | Zürich, 1982 | S. 40-42
  • Meyer, Werner / Widmer, Eduard - Das grosse Burgenbuch der Schweiz | Zürich, 1977 | S. 78-79
  • Sassi, Enrico / Vismara, Francesco / Dalle Fusine, Katia - 3D survey of the rivellino of Locarno Castle: Final Report | Mendrisio, 2007
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